Unfallversicherung: Arbeitsunfall beim Home-Office?

Wenn du selbst oder deine Beschäftigten ganz oder teilweise im Home-Office arbeiten, wie steht es da um den Unfallschutz bzw. die Unfallversicherung?

Zuletzt aktualisiert: 26.04.2024

Auch wenn du als Selbstständige bzw. Selbstständiger in deinen eigenen vier Wänden in einem Home-Office tätig bist, kannst du Mitglied der gesetzlichen Unfallversicherung werden. Die Kosten sind meist nicht sehr hoch und im Schadensfall bist du abgesichert (Personen, die selbstständig im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind, sowie Hausgewerbetreibende oder Selbstständige in der Landwirtschaft sind per Gesetz pflichtversichert).

Grundlegendes zur Unfallversicherung

Die gesetzliche Unfallversicherung soll Arbeitnehmer:innen und auch Selbstständige vor den Risiken schützen, denen sie in der Betriebsorganisation und im öffentlichen Verkehr auf dem Weg zur Betriebsstätte ausgesetzt sind. Die eigene Wohnung ist grundsätzlich nicht vom Versicherungsschutz der Unfallversicherung umfasst.

Aber:
Ist das Home-Office (ganz oder teilweise) tatsächlich der (arbeitsvertraglich vereinbarte) Arbeitsort, besteht grundsätzlich Unfallversicherungsschutz. Bestandteil der versicherten Tätigkeit sind dann auch Wege, die der versicherten Tätigkeit dienen (sogenannte Betriebswege).

Wann greift der Schutz der Unfallversicherung im Home-Office?

Vor allem die Wege, die im Home-Office zurückgelegt werden, müssen eng mit der Arbeit verbunden sein, damit sie als Wegeunfälle anerkannt werden.

Nachfolgend einige Beispiele zu Wegeunfällen im Home-Office, die so richterlich entschieden wurden:

  • Begibt sich eine Arbeitnehmerin, die aufgrund einer Atemwegserkrankung viel trinken muss, vom Arbeitsplatz im Dachgeschoß in die Küche, um zu trinken, ist der Weg durch private Bedürfnisse veranlasst und unversichert.
    Ausnahmsweise könnte der Weg allerdings versichert sein, wenn die Tätigkeit ein besonderes Hunger- oder Durstgefühl ausgelöst hat, das anderenfalls nicht oder später entständen wäre, oder wenn die Nahrungsaufnahme zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erforderlich gewesen ist.
  • Stürzt eine Arbeitnehmerin nach der Rückkehr von einem Messebesuch auf der Treppe zu ihrem Arbeitszimmer, von wo aus sie anweisungsgemäß ein Telefonat mit dem Geschäftsführer führen wollte, liegt ein versicherter Betriebsweg vor.
  • Stürzt ein versicherter Unternehmer auf der Treppe zwischen seinem im Kellergeschoss befindlichen Serverraum und den im ersten Stock befindlichen Geschäftsräumen, weil er beim Aufspielen eines Serverupdates zwischen den Räumen wechseln muss, liegt ebenfalls ein versicherter Betriebsweg vor.

Diese Beispiel können jeweils analog auf Beschäftigte angewendet werden oder auf Selbstständige, wenn sie in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sind.

Aktuelle Entscheidung des Bundessozialgerichts

Interessant ist ein aktuell beim Bundessozialgericht entschiedener Fall, in dem ein selbstständiger Busunternehmer, der am betreffenden Tag im Home-Office arbeitete, verletzt wurde, als er nach der nicht funktionierenden Hausheizung sehen wollte.
Sowohl das Sozialgericht als auch das Landessozialgericht lehnten die Anerkennung der Verletzung als Arbeitsunfall ab, da der Vorgang eher dem häuslichen Umfeld zuzuordnen sei.

Das Bundessozialgericht entschied jedoch wie folgt:
"Nach den Feststellungen der Vorinstanz wollte der Kläger nicht nur die Privaträume seiner Kinder, sondern auch seinen häuslichen Arbeitsplatz mit höheren Temperaturen versorgen. Die Benutzung des Temperaturreglers war insoweit objektiv unternehmensdienlich und der Heizungsdefekt nicht mehr ein unversichertes Risiko aus dem privaten Lebensbereich. ...
Bei unternehmensdienlichen Verrichtungen sind indes auch im Homeoffice die von privaten Gegenständen ausgehenden Gefahren versichert. Die eingeschränkten Möglichkeiten zur präventiven, sicheren Gestaltung von häuslichen Arbeitsplätzen rechtfertigen keine Einschränkungen des Versicherungsschutzes. Der Versicherungsschutz und damit korrespondierend die Haftungsfreistellung sind auch nicht an eine erfolgreiche Prävention geknüpft."
(BSG, Urteil vom 21.03.2024, Aktenzeichen B 2 U 14/21 R)

Zum Thema "Unfallversicherung für Selbstständige" findest du mehr Informationen in unserem Beitrag vom 21.12.2023.