203 Milliarden Euro Schaden pro Jahr durch Angriffe auf deutsche Unternehmen

Der deutschen Wirtschaft entsteht ein jährlicher Schaden von rund 203 Milliarden Euro durch Diebstahl von IT-Ausrüstung und Daten, Spionage und Sabotage.

Zuletzt aktualisiert: 21.09.2022

Damit liegt der Schaden etwas niedriger als im Rekordjahr 2021 mit 223 Milliarden Euro. In den Jahren 2018/2019 waren es erst 103 Milliarden Euro. Das sind Ergebnisse einer Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom, für die mehr als 1.000 Unternehmen quer durch alle Branchen repräsentativ befragt wurden.
Praktisch jedes Unternehmen in Deutschland wird Opfer: 84 % der Unternehmen waren im vergangenen Jahr betroffen, weitere 9 % gehen davon aus. Dabei sind die Angriffe aus Russland und China zuletzt sprunghaft angestiegen. 43 % der betroffenen Unternehmen haben mindestens eine Attacke aus China identifiziert (2021: 30 %). 36 % haben Urheber in Russland ausgemacht (2021: 23 %). Zugleich gehen die Angreifer immer professioneller vor. Erstmals liegen das organisierte Verbrechen und Banden an der Spitze der Rangliste der Täterkreise. Bei 51 % der betroffenen Unternehmen kamen Attacken aus diesem Umfeld. Vor einem Jahr lag ihr Anteil gerade einmal bei 29 %, vor drei Jahren bei 21 %.

Digitale Angriffe nehmen zu, analoge gehen leicht zurück

Angriffe auf die Wirtschaft haben sich im vergangenen Jahr weiter in den digitalen Raum verlagert. So geben zwei Drittel der Unternehmen (69 %) an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten von Diebstählen von IT- und Telekommunikationsgeräten betroffen oder vermutlich betroffen waren, ein Anstieg um 7 % zum Vorjahr. 63 % berichten vom Diebstahl sensibler Daten (plus 3 %), bei 57 % wurde digitale Kommunikation ausgespäht (plus 5 %) und 55 % sind von der digitalen Sabotage von Systemen oder Betriebsabläufen betroffen oder vermuten dies (plus 3 %). Leicht rückläufig sind dagegen der analoge Diebstahl von physischen Dokumenten, Unterlagen oder Mustern (42 %, minus 8 %), das Abhören von Besprechungen oder Telefonaten (28 %, minus 9 %) sowie die analoge Sabotage (22 %, minus 3 %). „Unternehmen in Deutschland haben seit Beginn der Corona-Pandemie die Digitalisierung vorangetrieben. Damit verlagern sich auch die Angriffe zunehmend in den digitalen Raum“, so Berg.

Datendiebstahl: Täter haben es auf die Daten Dritter abgesehen

Beim Diebstahl digitaler Daten haben es die Angreifer verstärkt auf Daten Dritter abgesehen. So geben 68 % der von diesem Delikt betroffenen Unternehmen an, dass Kommunikationsdaten wie E-Mails entwendet wurden (2021: 63 %). Bei fast jedem Zweiten (45 %) waren Kundendaten im Visier – nach nur 31 % vor einem Jahr. In jedem dritten betroffenen Unternehmen wurden unkritische Business-Informationen (38 %) oder Cloud-Zugangsdaten (32 %) gestohlen. Jedes vierte Unternehmen meldet den Verlust kritischer Business-Informationen wie Marktanalysen (28 %) sowie Daten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern (25 %). In rund jedem fünften betroffenen Unternehmen (18 %) hatten es die Täter auf geistiges Eigentum wie Patente abgesehen, in 14 % flossen Finanzdaten ab.

Wirtschaft rechnet mit verstärkten Cyberangriffen

Insbesondere digitale Angriffe beunruhigen die Wirtschaft. 39 % haben in den vergangenen zwölf Monaten erlebt, dass Cyberattacken auf ihr Unternehmen stark zugenommen haben, 45 % meinen, sie haben eher zugenommen. Vor allem Betreiber kritischer Infrastrukturen erleben einen Anstieg der Angriffe: Hier sagen 49 %, die Attacken haben stark zugenommen, und 38 %, sie haben eher zugenommen. Die Sorgen vor den Folgen einer Cyberattacke wachsen: 45 % der Unternehmen meinen, dass Cyberattacken ihre geschäftliche Existenz bedrohen können – vor einem Jahr lag der Anteil bei gerade einmal 9 %. 
Bei den Cyberangriffen wurden vor allem Attacken auf Passwörter, Phishing und die Infizierung mit Schadsoftware bzw. Malware für die Unternehmen teuer – in jeweils jedem vierten Unternehmen (25 %) ist ein entsprechender Schaden entstehen. Dahinter folgen DDoS-Attacken, um IT-Systeme lahmzulegen (21 %). Ransomware-Attacken haben in 12 % der Unternehmen Schäden verursacht, das ist nach dem Rekordjahr 2021 mit 18 % ein deutlicher Rückgang.
Einen Anstieg gab es beim sogenannten Social Engineering. Fast jedes zweite Unternehmen (48 %) berichtet von entsprechenden Versuchen. Dabei wird vor allem und deutlich häufiger als in der Vergangenheit versucht, über das Telefon (38 %, 2021: 27 %) und über E-Mail (34 %, 2021: 24 %) an sensible Informationen zu gelangen. Sie können dann für Cyberattacken verwendet werden.

Weitere Zunahme von Cyberattacken erwartet – vor allem auf kritische Infrastruktur

Die Unternehmen erwarten in den kommenden zwölf Monaten eine weitere Zunahme von Cyberangriffen. 42 % der Unternehmen rechnen mit einem starken Anstieg, 36 % mit einem eher starken. Die Betreiber kritischer Infrastruktur stellen sich sogar auf noch heftigere Attacken ein: Hier rechnen 51 % mit einem starken, 33 % mit einem eher starken Anstieg. Die Wirtschaft fürchtet dabei vor allem Ransomware-Angriffe, die 92 % als sehr oder eher bedrohlich einschätzen. Dahinter folgen Zero-Day-Exploits (91 %) und Spyware-Attacken (85 %). 72 % sehen mögliche Angriffe mit Quantencomputern als künftige Bedrohung. Aber auch Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt beunruhigen die Unternehmen: 72 % sehen den Mangel an IT-Sicherheitsexperten als Bedrohung, 58 % die zunehmende Fluktuation von Beschäftigten.

Der Anteil der Ausgaben für IT-Sicherheit am IT-Budget der Unternehmen ist verglichen mit dem Vorjahr leicht gestiegen. 9 % geben die Unternehmen im Schnitt aus, vor einem Jahr waren es 7 %.  „Bei den Ausgaben für IT-Sicherheit müssen die Unternehmen dringend zulegen. Die Erkenntnis, welche dramatischen Folgen ein erfolgreicher Angriff haben kann, ist längst da – den notwendigen Schutz davor gibt es aber nicht zum Nulltarif. Hier müssen Vorstände und Geschäftsleitungen umgehend aktiv werden“, sagte Berg.

Von der Politik wünschen sich 98 % mehr Einsatz für eine verstärkte EU-weite Zusammenarbeit bei Cybersicherheit. 97 % fordern, dass die Politik stärker gegen Cyberattacken aus dem Ausland vorgehen soll. Und drei Viertel (77 %) meinen, die Politik solle die Ermittlungsbefugnisse erweitern, damit Cyberangriffe aufgeklärt werden können. Zugleich beklagen 77 %, dass der bürokratische Aufwand bei der Meldung von Vorfällen zu hoch ist.

Quelle und mehr: Pressemitteilung Bitkom

2022-09-21