Arbeitslosenversicherung für Selbständige

Immer weniger Selbständige nutzen die Möglichkeit, sich gegen Arbeitslosigkeit zu versichern. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB).

Das IAB erwartet allerdings ein Umdenken durch die Auswirkungen der Corona-Krise. Das Virus habe gezeigt, dass Selbständige ihren Bedarf nach Absicherung nicht unterschätzen sollten.

Seit 2013 hat sich die Zahl der freiwillig versicherten Selbstständigen von rund 145.000 auf 74.000 im Jahr 2019 nahezu halbiert. Noch deutlicher ist der Rückgang der neu abgeschlossenen Versicherungsverhältnisse: Sie gingen von 19.000 im Jahr 2013 auf knapp 3.000 im Jahr 2019 zurück.

Viele Gründer gaben in der Online-Befragung des IAB an, dass sie sich die Versicherung zu Beginn der Selbstständigkeit nicht leisten konnten. Das sagten 38 Prozent der Befragten, die sich nicht versichert hatten. Ebenfalls 38 Prozent fanden die Konditionen nicht attraktiv. 35 Prozent nannten als Grund, dass sie die Versicherung nicht brauchen, da die Selbstständigkeit nicht scheitern wird oder sie im Falle der Geschäftsaufgabe schnell wieder eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung finden werden. Für 24 Prozent war die Drei-Monats-Frist zu kurz, innerhalb der sie sich nach dem Beginn der Selbstständigkeit versichern können.

Ein wichtiger Punkt ist laut der IAB-Studie, dass sich das Verhältnis von Beiträgen zu Leistungen je nach Qualifikation der Versicherten stark unterscheiden kann. Die Beiträge sind unabhängig von der Höhe der im Versicherungsfall zu erwartenden Leistung: Versicherte in Westdeutschland zahlen pauschal 76,44 Euro im Monat, Versicherte in Ostdeutschland 72,24 Euro. Die Höhe der Leistungen richtet sich grundsätzlich nach dem letzten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Liegt die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung aber länger zurück, wird die Leistung anhand eines fiktiven Arbeitsentgelts berechnet, das sich nach der Qualifikation richtet. Das monatliche Arbeitslosengeld beträgt dann für zuvor Selbstständige ohne Kinder in der Steuerklasse III zwischen 917,40 Euro bei Personen ohne Berufsausbildung und 1.624,50 Euro bei Personen mit Hochschulabschluss. Entsprechend steigt die Neigung zum Versicherungsabschluss mit dem Bildungsstand und dem vorherigen Lohn.

„Viele Befragte waren überzeugt, dass ihre Selbstständigkeit nicht scheitern wird oder sie in diesem Fall schnell wieder einen Job finden werden“, so die IAB-Forscher Elke Jahn und Michael Oberfichtner. Sie betonen: „Die Corona-Krise macht deutlich, wie schnell sich die wirtschaftliche Lage ändern kann und dass Selbstständige den Bedarf an Absicherung nicht unterschätzen sollten.“

Befragt wurden rund 500 Gründer, die von der Bundesagentur für Arbeit mit dem Gründungszuschuss gefördert wurden.

Die IAB-Studie zur Arbeitslosenversicherung für Selbständige ist im Internet abrufbar unter: http://doku.iab.de/kurzber/2020/kb1120.pdf.

Die freiwillige Arbeitslosenversicherung hat folgende Kernelemente:
  • Gründerinnen und Gründer müssen die Versicherung innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Selbstständigkeit bei der örtlichen Arbeitsagentur beantragen. Die Beitragshöhe hängt nicht von den individuellen Einkünften ab und wird jährlich an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst.
  • Selbstständige zahlen in den ersten beiden Kalenderjahren ihrer Selbstständigkeit die Hälfte der Versicherungsbeiträge (Startphase).
  • Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem letzten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Liegt die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung länger zurück, wird die Leistung aufgrund eines fiktiven Arbeitsentgelts berechnet. Dieses richtet sich nach der beruflichen Qualifikation.
  • Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld beträgt maximal 24 Monate, je nach Dauer der versicherten Tätigkeit in den fünf Jahren vor Eintritt in die Arbeitslosigkeit und nach dem Lebensalter.
  • Versicherte, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, können die gleiche Geschäftstätigkeit maximal zweimal unterbrechen und Arbeitslosengeld beziehen.
  • Die Versicherung kann erst nach fünf Jahren gekündigt werden. Sie endet auch, wenn drei Monate keine Beiträge gezahlt werden (sogenannte kalte Kündigung).

2020-06-19

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