Selbstständig und trotzdem eine Arbeitslosenversicherung abschließen?

Manchmal läuft es nicht im eigenen Unternehmen: Aufträge brechen weg, Zulieferer fallen aus, Kosten sind enorm gestiegen, geplante Kredite werden nicht genehmigt…

Die Liste möglicher Probleme ist lang und nicht immer findet man einen Ausweg. Oft würde es schon helfen, dass man eine gewisse Zeit überbrücken kann, wenn es z. B. eine Auftragsflaute gibt – vor allem in den jetzigen Zeiten von Corona und Ukraine-Krieg durchaus möglich.

Was aber machen, wenn die finanziellen Polster aufgebraucht sind?

Wenn Selbstständige ihre Geschäftstätigkeit einstellen oder unterbrechen müssen, bleibt ihnen oft nur die Möglichkeit, Grundsicherung für hilfsbedürftige Arbeitsuchende zu beantragen.
Allerdings gibt es die Möglichkeit für Gründerinnen und Gründer, die vor ihrer Selbstständigkeit in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis beschäftigt waren und somit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt haben, sich freiwillig weiter zu versichern. Das hat den Vorteil, dass man im “Ernstfall” zumindest finanziell erst einmal etwas abgesichert ist.

Wie funktioniert die freiwillige Arbeitslosenversicherung und wie teuer wird sie?

  • Gründerinnen und Gründer müssen die Versicherung innerhalb der ersten drei Monate nach Beginn der Selbstständigkeit bei der örtlichen Arbeitsagentur beantragen.
  • Der Beitragssatz liegt 2022 bei 2,4 Prozent vom Durchschnittsentgelt in der gesetzlichen Rentenversicherung (Westdeutschland: 78,96 €/Monat, Ostdeutschland: 75,60 €/Monat).
    Die Beitragshöhe hängt nicht von den individuellen Einkünften ab und wird jährlich an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst.
  • Selbstständige zahlen in den ersten beiden Kalenderjahren ihrer Selbstständigkeit die Hälfte der Versicherungsbeiträge (Startphase).
  • Die Höhe der Leistungen richtet sich nach dem letzten versicherungspflichtigen Arbeitsentgelt. Liegt die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung länger zurück, wird die Leistung aufgrund eines fiktiven Arbeitsentgelts berechnet. Dieses richtet sich nach der beruflichen Qualifikation.
  • Die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld beträgt maximal 24 Monate, je nach Dauer der versicherten Tätigkeit in den fünf Jahren vor Eintritt in die Arbeitslosigkeit und nach dem Lebensalter.
  • Versicherte, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, können die gleiche Geschäftstätigkeit maximal zweimal unterbrechen und Arbeitslosengeld beziehen.
  • Die Versicherung kann erst nach fünf Jahren gekündigt werden. Sie endet auch, wenn drei Monate keine Beiträge gezahlt werden (sogenannte kalte Kündigung).

Wichtig:
Selbstständige können sich auch arbeitslos melden, wenn sie ihre Selbstständigkeit noch beibehalten wollen, diese Tätigkeit aber weniger als 15 Stunden pro Woche in Anspruch nimmt. In diesem Fall dürfen bis zu 165 Euro pro Monat hinzuverdient werden. Einnahmen darüber hinaus werden vom Arbeitslosengeld abgezogen.
Eventuell besteht auch noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld aus Zeiten vor der Selbstständigkeit. Voraussetzung ist, dass man bereits arbeitslos gemeldet war, die Gesamtzeit des Bezuges nicht ausgeschöpft war und zudem nicht mehr als 4 Jahre seit der Entstehung dieses Anspruchs vergangen sind.
Besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld I oder reicht das Arbeitslosengeld nicht aus, um den Lebensunterhalt zu bestreiten, kann Grundsicherung für Arbeitssuchende beantragt werden (Arbeitslosengeld II). Darüber hinaus gibt es weitere Sozialleistungen wie zum Beispiel Sozialhilfe oder Wohngeld, die man nutzen kann und sollte.

Tipp:

Oft kann das eigene Unternehmen auch noch gerettet werden – vor allem wenn man Probleme rechtzeitig erkennt und sich Hilfe holt.
In dem Zusammenhang verweisen wir auf unsere GründerNews “Eine Krise droht: Wie kann ich meine Firma retten? und auf die Broschüre GründerZeiten Nr. 13, in der geht es um die Themen Krisenmanagement, Insolvenz, Liquidation und es gibt auch grundlegende Hinweise für einen unternehmerischen Neustart.

2022-06-15

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