Die nächsten Hitzewellen sind. Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer bei hochsommerlichen Temperaturen, besteht ein Anspruch auf klimatisierte Räumlichkeiten oder gar „Hitzefrei”? Und was kann bzw. muss man als Arbeitgeber machen?
Eindeutig nein! Allerdings haben Arbeitgeber eine bestimmte Fürsorgepflicht, was bedeutet, dass sie Gefahren für Leben und Gesundheit soweit von den Arbeitnehmern fernhalten, „als die Natur der Dienstleistung es gestattet” (§ 618 Abs. 1 BGB, §§ 4, 5 ArbSchG).
Hierzu gilt Folgendes:
- Arbeitsschutzgesetz
Nach § 5 Abs. 1 ArbSchG muss der Arbeitgeber durch eine Beurteilung die mit der Arbeit verbundene Gefährdung der Arbeitnehmer ermitteln und entsprechende Maßnahmen ergreifen. - Arbeitsstättenverordnung
Im Hinblick auf die Gefahren bei höherer Temperatur und der damit einhergehenden Erwärmung von Arbeitsräumen ist in § 3 Abs. 1 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), Punkt 3.5 im Anhang, festgehalten, dass Arbeitsstätten so eingerichtet und betrieben werden müssen, dass eine gesundheitlich zuträgliche Raumtemperatur und ein Schutz gegen übermäßige Sonneneinstrahlung bestehen. Eine maximal zulässige Raumtemperatur wird hier nicht benannt. - Arbeitsstättenregel
Nach der die allgemeinen Anforderungen der ArbStättV konkretisierenden Arbeitsstättenregel (ASR) 3.5 Raumtemperatur soll die Lufttemperatur gemäß Punkt 4.2 Abs. 3 in Arbeits- und Sozialräumen + 26° C nicht überschreiten.
Bei dieser Temperaturangabe handelt es sich jedoch lediglich um eine „Soll-Vorschrift”. Zudem betrifft sie lediglich Temperatureinflüsse durch Betriebsanlagen selbst (z. B. Heizung, Maschinen, Beleuchtung etc.).
Der „Sommerfall“ wird dagegen, gemäß der Verweisung in Punkt 4.2 Abs. 3 Satz 2, in Punkt 4.4 geregelt. Dieser Punkt beinhaltet ein so genanntes „Stufenmodell”, mit Rahmenbedingungen und Maßnahmen für die Beschäftigten. Hiernach ist es Beschäftigten zuzumuten, auch bei Raumtemperaturen von 35° C und mehr ihrer Tätigkeit nachzugehen, wobei im Einzelfall geeignete Schutzmaßnahmen erforderlich werden können (siehe Tabelle 4 der ASR):

Hitzefrei gibt es leider nicht!
Allgemeine Hinweise
Die durch Arbeitgeber zu ergreifenden Maßnahmen und Entscheidungen basieren jeweils auf einer die konkreten Umstände beachtenden Einzelfallbewertung. In die Einzelfallbewertung muss unter anderem auch die Zugehörigkeit zu einer besonders schützenswerten Personengruppe, wie z. B. Schwangere oder Schwerbehinderte, Eingang finden.
Für weiterführende Information weisen wir auf zwei Veröffentlichungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hin:
- „Empfehlungen für heiße Sommertage in Arbeitsstätten“
- „Hohe Raumtemperaturen in Arbeitsstätten: Was vom Gesetzgeber erlaubt ist und wann der Arbeitgeber Maßnahmen ergreifen muss”
Arbeiten unter freiem Himmel
Was ist aber mit Arbeitnehmern, die unter freiem Himmel bei Hitzetemperaturen arbeiten müssen, z. B. auf dem Bau oder in der Landwirtschaft? Sie sind nicht nur den hohen Temperaturen ausgesetzt, hier kommt auch noch die direkte Sonneneinstrahlung hinzu.
Damit die Arbeit auch hier ohne Gesundheitsbeeinträchtigungen ausgeführt werden kann, sind z. B. folgende Schutzmaßnahmen möglich:
- Körperlich stark beanspruchende Arbeitsvorgänge (wenn möglich) auf kühlere Tage bzw. Tageszeiten verlagern
- Vermeidung von Tätigkeiten in direkter Sonne, z. B. durch Beschattung der Arbeitsplätze
- Klimatisierung von Fahrerkabinen in Fahrzeugen
- Verringerung der körperlichen Anforderungen der Arbeit,
- Anpassung des Arbeitstempos an die (hitzebedingt) verringerte Leistungsfähigkeit
- Erhöhung von Zahl und Länge der Ruhepausen
- Künstliche Luftbewegung (z. B. durch Ventilatoren in Aufenthaltsräumen)
- Sonnenschutzpräparate am Arbeitsplatz zur Verfügung stellen
- Schaffung von schattigen und kühlen Pausenplätzen
- Bereitstellung von kühlen Getränken in der Nähe der Arbeitsplätze
- Organisation von kurzen Trinkpausen ca. alle 20 Minuten (oder öfter)
- Unterweisung der Mitarbeiter zu den betrieblichen Maßnahmen und zum richtigen Verhalten bei Hitze, zu den Symptomen von Hitzeerkrankungen und zur Ersten Hilfe
Weiterführende und umfangreiche Informationen findet man u. a. in den Broschüren
“Sonnenschutz auf dem Bau“ der BG Bau oder “Sonnenschutz in Landwirtschaft, Forst und Gartenbau” der SVLFG.
2022-07-20