Arbeitszeiterfassung: Das muss man jetzt wissen

Arbeitgebende sind verpflichtet, die von den Arbeitnehmenden geleistete Arbeitszeit genau zu erfassen.

Zuletzt aktualisiert: 18.01.2023

Hintergrund: Die Bundesregierung muss Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs aus dessen „Stechuhr”-Urteil von 2019 (EuGH, Az. C‑55/18) in deutsches Recht umsetzen. Danach sind die EU-Länder zur Einführung einer objektiven, verlässlichen und zugänglichen Arbeitszeiterfassung verpflichtet.
Hinzu kommt ein aktueller Beschluss des BAG vom 13.09.2022 (1 ABR 22/21), bei dem es eigentlich um die Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrates bei der Gestaltung der Arbeitszeiterfassung ging.
Die Mitbestimmung wurde in diesem Fall zwar verneint. Die wichtigste Aussage des Urteils ist aber, dass jedes Unternehmen die Arbeitszeiten seiner Mitarbeiter zu erfassen hat, weil diese Erfassung durch das ArbSchG gesetzlich vorgeschrieben ist (aus dem Urteil: Bei unionsrechtskonformer Auslegung von § 3 Abs. 2 Nr. 1 ArbSchG* ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, die Arbeitszeiten der Arbeitnehmer zu erfassen.“)

Was bedeutet das konkret für das Unternehmen?

Arbeitgeber sind natürlich daran interessiert, die Arbeitszeiten, die von den verschiedenen Personengruppen geleistet werden, möglichst flexibel zu erfassen und insbesondere nicht auf eine elektronische Arbeitszeiterfassung angewiesen zu sein.
Erfreulicherweise billigt das BAG Arbeitgebern einen Gestaltungsspielraum zu, in dessen Rahmen unter anderem die Form des Systems festzulegen ist.
Bei der Auswahl der Art und Weise der Arbeitszeiterfassung sind vor allem die Besonderheiten der jeweils betroffenen Tätigkeitsbereiche der Arbeitnehmer und die Eigenheiten des Unternehmens – insbesondere seine Größe – zu berücksichtigen.
Die Arbeitszeiterfassung muss nicht zwingend elektronisch erfolgen. Vielmehr können beispielsweise – je nach Tätigkeit im Unternehmen – Aufzeichnungen in Papierform genügen.

Was ist mit Vertrauensarbeitszeit-Modellen?

Besonders Tätigkeiten im Homeoffice oder mobil an unterschiedlichen Orten sowie hybrides Arbeiten im Büro und zu Hause basieren oft auf dem Modell der Vertrauensarbeitszeit.
Da es nach den unionsrechtlichen Maßgaben möglich ist, dass Arbeitgeber die Aufzeichnung der Arbeitszeiten als solche an die Arbeitnehmer delegieren, kann hier eine Lösung gefunden werden.
So ist durch eine passende Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung zur persönlichen Erfassung der Arbeitszeiten durch die Arbeitnehmer auch weiterhin eine Vertrauensarbeitszeit – zumindest nach derzeitigem Stand – möglich.
Unternehmen könnten dafür z. B: ein Zeiterfassungssystem einführen, in das die Mitarbeiter gegebenenfalls auch von zu Hause oder einem anderen Tätigkeitsort aus die Arbeitszeitdaten eintragen können. Allerdings dürfte auch eine handschriftliche Dokumentation, die die Arbeitszeit erfasst, den Anforderungen genügen.

Hinweis: Betriebsräte haben auch bezüglich der Arbeitszeiterfassung grundsätzlich ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Sie können dieses Initiativrecht aber nicht dazu nutzen, ausschließlich eine elektronische Zeiterfassung vom Arbeitgeber zu verlangen.