Mit einem Reisegewerbe machen sich vor allem Schausteller, Marktkaufleute und mobile Verkäufer selbstständig. Aber auch Handwerker nutzen das Reisegewerbe für sich.
Was gilt beim Reisegewerbe?
Der Begriff Reisegewerbe ist keiner Branche zugeordnet. Im Grunde kann fast jeder im Reisegewerbe tätig sein. Was ein Reisegewerbe genau ist, wann man (k)eine Reisegewerbekarte braucht und was es sonst noch zu beachten gibt, regeln die §§ 55 bis 61 der Gewerbeordnung.
Kurz und knapp zusammengefasst: Beim Reisegewerbe kommen nicht die Kunden zum Unternehmer, sondern Unternehmer kommen zu den Kunden. Und dabei besonders wichtig: Sie dürfen nicht bestellt sein und keine festen Termine mit den Kunden vereinbart haben!
Im Reisegewerbe können Unternehmer fast alle Tätigkeiten ausüben, die es auch im normalen – dem sogenannten stehenden – Gewerbe, gibt. Verboten sind lediglich die entgeltliche Vermittlung von Darlehen, der Verkauf von Edelmetallen oder Schmucksteinen, der Vertrieb von Giften, Wertpapieren oder Lotterielosen.
Zum Reisegewerbe zählen Tätigkeiten, die an wechselnden Orten ausgeführt werden, ohne einen festen Geschäftssitz zu haben. In vielen Fällen ist eine Reisegewerbekarte erforderlich, z. B. in folgenden:
- Verkauf von Waren: Wenn jemand gewerbsmäßig Waren verkauft, z. B. auf Märkten, Messen, oder in Fußgängerzonen, ohne einen festen Laden zu haben, benötigt er eine Reisegewerbekarte.
- Dienstleistungen: Bestimmte Dienstleistungen können auch unter das Reisegewerbe fallen, zum Beispiel der gewerbsmäßige Straßenverkauf von Speisen und Getränken oder das Angebot handwerklicher Leistungen an verschiedenen Standorten.
- Saisonale Tätigkeiten: Personen, die saisonale Geschäftsaktivitäten ausüben, wie beispielsweise der Verkauf von Weihnachtsartikeln auf Weihnachtsmärkten, müssen in der Regel eine Reisegewerbekarte beantragen.
- Werbung und Promotion: Personen oder Unternehmen, die gewerbsmäßig für ihre Produkte oder Dienstleistungen werben und Promotion-Aktionen an verschiedenen Orten durchführen, benötigen häufig eine Reisegewerbekarte.
- Veranstaltungsverkauf: Verkaufsstände auf Veranstaltungen, Messen, Festivals oder ähnlichen Ereignissen erfordern oft eine Reisegewerbekarte.
Die Anforderungen für eine Reisegewerbekarte in Deutschland sind je nach Bundesland unterschiedlich. Es ist wichtig, sich vor Beginn einer solchen Tätigkeit über die genauen rechtlichen Bestimmungen und Anforderungen zu informieren (z. B. bei der örtlichen IHK) und gegebenenfalls die Karte rechtzeitig zu beantragen.
Wie kommt man zu einer Reisegewerbekarte?
Die Reisegewerbekarte muss im jeweils zuständigen Gewerbeamt der Stadt oder Gemeinde beantragt werden. Für den Antrag ist neben Personalausweis und Passbild unbedingt ein Führungszeugnis notwendig. Die Gebühren werden laut Gewerbekostenverordnung M-V erhoben. Laut Gewerbekostenverordnung des Bundeslandes MV kostet die Erteilung einer Reisegewerbekarte zwischen 51 bis 293 Euro. Wenn ein triftiger Grund für eine Befristung vorliegt, zum Beispiel Vorstrafen oder Schulden vorhanden sind, kann die Erteilung auch befristet werden.
Und was viele Unternehmer mit Reisegewerbekarte nicht wissen: Sie müssen Mitglied der örtlichen IHK werden. Das ist gesetzlich geregelt.

(Foto: Ralph Schipke)
Reisegewerbe: Könnte das was für mich sein?
Nachfolgend noch ein paar Anregungen, was man bedenken muss, wenn man ein Reisegewerbe aufnehmen will. Wie immer gibt es einige Vorteile, aber natürlich auch Nachteile, die man gut gegeneinander abwägen sollte!
Das Reisegewerbe bietet einige Vorteile, z. B.:
- Flexibilität: Reisegewerbetreibende haben die Möglichkeit, ihre Geschäftstätigkeit an verschiedenen Orten auszuüben. Dies ermöglicht ihnen eine hohe Flexibilität bei der Auswahl ihrer Standorte und Zielgruppen.
- Markterweiterung: Durch das Reisen und die Möglichkeit, an verschiedenen Veranstaltungen, Messen oder Märkten teilzunehmen, können Unternehmer ihren Markt erweitern und neue Kunden gewinnen, die sie möglicherweise an einem festen Standort nicht erreichen könnten.
- Niedrigere Fixkosten: Im Vergleich zu einem festen Geschäftssitz können die Fixkosten im Reisegewerbe niedriger sein, da keine Miete oder langfristige Verpflichtungen für einen Laden oder ein Büro anfallen. Dies kann den Start in das Geschäft erleichtern und das finanzielle Risiko verringern.
- Vielfältige Kundenerfahrungen: Reisegewerbetreibende haben die Möglichkeit, mit einer Vielzahl von Kunden in verschiedenen Regionen und Städten in Kontakt zu treten. Dadurch können sie wertvolle Erfahrungen sammeln und ihre Dienstleistungen oder Produkte gegebenenfalls an die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen anpassen.
- Erfahrungssammlung: Das Reisegewerbe kann eine wertvolle Lern- und Erfahrungsreise für Unternehmer sein. Sie können neue Märkte erkunden, Marketingstrategien testen, sich mit der Konkurrenz auseinandersetzen und die Bedürfnisse der Kunden besser verstehen.
- Abwechslungsreiche Arbeit: Das Reisegewerbe bietet eine abwechslungsreiche Arbeitsumgebung und verhindert oft, dass die Arbeit eintönig oder langweilig wird.
- Innovation und Kreativität: Reisegewerbetreibende sind oft gezwungen, kreative Lösungen zu finden, um ihre Dienstleistungen oder Produkte auf interessante Weise zu präsentieren. Dies kann zu Innovationen und neuen Ideen führen.
Und natürlich bringt das Reisegewerbe auch einige Herausforderungen oder Nachteile mit sich, wie zum Beispiel die folgenden:
- Hohe Reisekosten: Ständiges Reisen zu verschiedenen Standorten kann zu erheblichen Kosten führen, einschließlich Transport, Unterkunft und Verpflegung. Diese Ausgaben können die Rentabilität des Geschäfts beeinträchtigen, insbesondere wenn die Einnahmen nicht ausreichend sind.
- Unsicherheit bei Kundenbindung: Da Reisegewerbetreibende keine feste Geschäftsadresse haben, kann es schwierig sein, eine dauerhafte Kundenbindung aufzubauen. Kunden könnten sie nur gelegentlich treffen und sich dann an anderen Anbietern orientieren.
- Regulatorische Hürden: Reisegewerbetreibende müssen sich mit den unterschiedlichen Regulierungen und Genehmigungen in verschiedenen Regionen und Städten auseinandersetzen. Jeder Ort kann spezifische Anforderungen an das Gewerbe haben, was den Verwaltungsaufwand erhöht.
- Eingeschränkte Lagerkapazitäten: Wenn Waren verkauft werden, kann das Reisegewerbe mit begrenzten Lagerkapazitäten konfrontiert sein. Dies kann zu Herausforderungen bei der Bestandsverwaltung und der Bereitstellung bestimmter Produkte führen.
- Zeitaufwendige Logistik: Die Organisation von Reisen und die Logistik, um die Produkte oder Dienstleistungen an verschiedenen Orten anzubieten, erfordert sorgfältige Planung und kann zeitintensiv sein.
- Abhängigkeit vom Wetter: Für bestimmte Reisegewerbetreibende, die im Freien agieren, kann das Wetter ein entscheidender Faktor sein. Schlechtes Wetter kann dazu führen, dass Veranstaltungen abgesagt werden oder weniger Kunden kommen.
- Einschränkungen bei Produktpräsentation: Reisegewerbetreibende haben möglicherweise nicht den gleichen Raum und die gleichen Möglichkeiten zur Produktpräsentation wie stationäre Geschäfte. Dies könnte die Vermarktung ihrer Produkte oder Dienstleistungen erschweren.
- Erschwerte Kundenkommunikation: Die fehlende feste Geschäftsadresse kann es für Kunden schwieriger machen, mit dem Reisegewerbetreibenden in Kontakt zu treten oder Support zu erhalten.
Es ist also wichtig, die individuellen Umstände und Bedürfnisse des Unternehmens und natürlich auch die persönlichen Möglichkeiten und Vorstellungen sorgfältig zu berücksichtigen, bevor man sich für das Reisegewerbe entscheidet!
Übersichtlich zusammengefasst findet man viele wichtige Informationen zum Thema im Merkblatt “Vertrieb im Reisegewerbe” der IHK Neubrandenburg für das östliche M-V (Stand: Februar 2023).
2023-08-02